Wie wollen wir definiert werden?

Nun, nicht als eine Spezies, die zur Erschöpfung ausgenutzt wird solange alle Vitalwerte stabil sind, und dann dem Schwinden und Verblassen zu gegebener Zeit überlassen wird. Nein. Das mag die Praxis für Pferde sein, aber weil wir selbst entscheiden können und dafür verantwortlich sein sollten, wie wir unsere Zeit sinnvoll füllen, sollten wir in der Lage sein, es besser zu machen.

Lass mich hier aus dem Buch “Free to Learn: Why Unleashing the Instinct to Play Will Make Our Children Happier, More Self-Reliant, and Better Students for Life” von Peter Gray zitieren:

„Die Jäger und Sammler unterschieden nicht zwischen Arbeit und Spiel wie wir es tun. Sie sind mit Jagd- und Sammelspielen aufgewachsen und dann allmählich zum eigentlichen Jagen und Sammeln übergegangen, noch immer im Geiste des Spiels. Sie sahen Arbeit nicht als Mühe. Der Anthropologe Marshall Sahlins bezog sich berühmtermaßen auf die Jäger und Sammler Gesellschaften als „die ursprünglich wohlhabende Gesellschaft“.“

Mein Punkt ist, dass wir Menschen als Individuen entworfen wurden, die Initiative und die Liebe zu Spiel und Spaß nutzen. Oder uns vielleicht über eine sehr lange Zeit hinweg dazu entwickelt haben. So erreichen wir am meisten, sind zufrieden und glücklich mit dem, wie wir unserer Zeit verbringen. Die Qual und Verkümmerung unserer Sinne kam erst später, mit der Einführung der Landwirtschaft und erst recht mit der Industrialisierung.

Auch das können wir nicht rückgängig machen. Wir brauchen auch nicht darüber zu schmollen. So war es eben. Ob es uns gefällt oder nicht, es diente einem Zweck: es zeigte uns, dass die Abschaffung von Initiative und Verspieltheit NICHT der beste Weg ist, um die Menschen gesünder und glücklicher zu machen. Im Gegenteil. Das ist es, was die Menschen krankmacht, sowohl physisch als auch psychisch. Allein darüber könnte man ein Buch mit einer langen Liste von Beispielen schreiben. Aber man muss wahrscheinlich nicht lange suchen um viele Beispiele für die Auswirkungen dieses „modernen Lebensmodus“ zu finden; das sind zum Beispiel Menschen, die gestresst sind, ihr Verstand vielleicht laufend verzerrt oder überspannt; die unter Herzproblemen, Diabetes, Krebs oder Präkanzerose leiden; und so weiter. Die Menschen haben Leiden und Krankheiten, die es in der Jäger und Sammler Gesellschaft und vielen anderen Gesellschaftsformen gar nicht gab, die nicht nach dem Lebensstil „harte Arbeit und dann Ruhestand“ lebten oder immer noch leben.

Genauso wollen wir NICHT definiert werden. Das heißt, dass wir unsere Zeit nicht mit „arbeiten dann in den Ruhestand gehen“ verbringen wollen, obwohl die gegenwärtige politische und gesellschaftliche Botschaft das als normale, wünschenswerte Art und Weise ansieht. Wir von einem fortgeschrittenem Alter und in gutem Zustand wollen als „superbe Senioren“ definiert werden, die zwei Dinge anders machen

(1) Wir leben EIN Erwachsenenleben, von dem Punkt an dem wir in der Lage sind, volle Verantwortung für uns selbst zu tragen, bis zu dem Tag an dem wir sterben. Keine „jungen Arbeiter“ und „alten Arbeiter“ und „Rentner“ oder andere Einteilung nach Alter oder Lebensabschnitt. Was auch immer wir tun, mit wem auch immer wir interagieren, es macht wirklich keinen Unterschied wie alt wir sind, so lange wir hervorbringen/liefern/tun was den Umständen entspricht. Außerdem: Die Leute wissen nicht genau wie alt man ist, oder könnten völlig falsch liegen wenn sie raten müssten. Was wenn man selbst sein Alter nicht wissen würde? Man würde immer noch Softball oder was auch immer spielen, je nachdem ob man dazu in der Lage ist oder vielleicht auch nicht – vielleicht wöllte man auch gar nicht, selbst wenn man in Wahrheit 28 wäre. Also, wir sitzen ALLE gemeinsam in diesem Boot.

In meinem Leben habe ich immer das getan, was ich tun wollte, wann ich es tun wollte, und nichts aus irgendeinem anderen Grund. Ich habe nie, unter keinen Umständen über das Alter nachgedacht, oder was angemessen wäre für das bestimmte Alter zur jeweiligen Zeit, aber ich habe viele Menschen gesehen, die das tun – zu ihrem eigenen Nachteil.

(2) Wir „füllen unsere Zeit“ mit Gedanken und Aktivitäten, die wir genießen, und Taten, die wir erreichen WOLLEN, und/oder Dingen, die wir schaffen oder bewerkstelligen WOLLEN. Das ist alles. Zumindest ist es das, was ich getan habe, und immer noch tue, hoffentlich bis zu dem Tag an dem ich sterbe.

Selbstverständlich können sich diese Wünsche, allmählich oder plötzlich, ändern während wir durch unser Leben gehen. Das ist natürlich und abhängig von unserem Umfeld und vielen äußeren Umständen. Aber in keinster Weise sollte das etwas mit unserem wahren Alter zu tun haben. Unser Alter begleitet uns wie das Boot, dass uns den Fluss hinunter durch die Schlucht des Lebens führt. Es macht keinen Unterschied. Das ist unser Alter in diesem Moment an diesem Punkt des strömenden Flusses, und es folgt uns wohin auch immer wir gehen werden.

Da es meine persönliche Empfehlung ist, die Wünsche und Freuden der 88jährigen oder älteren, und derer die auf dem Weg sind, sich dieser Clique anzuschließen, zu legitimieren; werde ich ein paar Dinge zum „Zeit verbringen“ auflisten, die ich mit großer Freude betreibe. Und ich kenne viele andere, die auch ähnliche Interessen verfolgen.

Aber zuerst ein Ausschnitt aus Jo Ann Jenkins Buch „Disrupt Aging: A Bold New Path to Living Your Best Life at Every Age” (2016):

„Die Altersgruppe, welche am schnellsten wächst, sind die 85jährigen und darüber“

  1. Das WOLLEN diese Jungs (einschließlich ich selbst) und Mädels erreichen, sie wollen sich daran festhalten, sich verbessern, und damit spielen.

(A) Gute Gesundheit. Das beinhaltet viele Dinge. Zum Beispiel einen guten Schlaf. Oder die richtigen Dinge zu essen und sich von dem fernzuhalten, was nicht gut für einen ist. Auf den eigenen Körper zu achten indem man sich bewegt und die Ausdauer trainiert. Außerdem auch Meditation und geistiges Training.

(B) Liebe und Zuneigung. Die wahre Sache mit dem richtigen Partner. Oder im eigenen Geiste, wenn es sein muss, mit Menschen die schon gegangen oder auf halbem Wege über den Fluss Styx sind. Natürlich auch mit Familie und Freunden, sowohl alten als auch neuen. Man sollte offen sein, neue Gefährten in sein Leben zu lassen. Seien Sie immer derjenige, der Liebe und Zuneigung gibt; sitzen Sie nicht einfach da und warten, dass sie auf Sie zukommt – das wird nicht funktionieren. Wenn man jedoch derjenige ist, der Liebe und Zuneigung schenkt, WOW, wird man mehr zurückbekommen, als man sich je vorstellen könnte, außerdem auf Wegen, über die man vermutlich auch nie nachgedacht hat.

(C) Lebenslanges Lernen. Lern neues. Entdecke Welten, die du zuvor nicht kanntest. Lern das Universum kennen, selbst in seinen kleinsten Ecken. Heutzutage ist das einfach, denn man muss nicht mehr selbst irgendwo hingehen, man kann das bequem von seinem Sessel über den Laptop oder das Fernsehen tun. Aber trotzdem ist es immer noch besser, selbst hinauszugehen.

(D) Kunst. Lass deiner Phantasie freien Lauf und nutze sie. Versuch doch mal zu malen, Skulpturen zu formen oder ein zwei Gedichte zu schreiben, oder was auch immer. Spiel ein Instrument oder sing einfach nur. Lerne vielleicht zu tanzen, oder wenn das alles zu aufwendig ist, schau wenigstens das neueste Ballett an, geh in die Oper oder Symphonie oder besuche Museen. Wenn selbst das zu schwierig ist, kann man auch hier den Computer nutzen, auch wenn ich das als letzte Wahl empfehlen würde. Selbst zu gehen ist besser. Außerdem sammelt man nebenbei neue Erfahrungen, was ebenfalls gut tut. 

(E) Lies Bücher, schau Filme. Lies endlich all die Bücher, für die du früher nie Zeit hattest. Falls nötig, lass dir von einem Bibliothekar helfen und Empfehlungen geben. Wenn du schlechte Augen hast (so wie ich) und lesen zu anstrengend ist, besorge dir Hörbücher. So kannst du sogar „lesen“ während du im Bett oder auf dem Sofa, oder im Gras unter einer großen Eiche liegst.

(F) Verdien etwas Geld – falls dir das ein gutes Gefühl gibt, so wie es bei vielen Menschen ist. Die Liste dafür ist zu lang, um sie hier einzufügen, darüber müsste ein ganzes Buch geschrieben werden. In der Zwischenzeit nutze einfach deine eigenen Ideen und verdien Geld mit dem, worin du gut bist und genieß es.

(G) Vertrau dir selbst. Als letzten Punkt dieser Liste schlage ich vor, dass jetzt der Zeitpunkt ist (und das ist im Prinzip jeder Zeitpunkt im Leben), um eigene Ideen, egal worüber, zu haben und sich damit auseinanderzusetzen.

Wie du vielleicht schon bemerkt hast, hat der Tag zu wenige Stunden, um all die Dinge zu machen oder allen Interessen nachzugehen auf die man Lust hat. Aber das ist OK. Es wird immer einen nächsten Tag geben. Und das ist eigentlich sogar gut, denn dieses Kontinuum hält uns am Leben, einem hervorragenden Leben noch dazu.

Das bringt mich zu einer weiteren Fähigkeit, welche meiner Meinung nach sehr wichtig ist: JETZT zu leben, nur heute, in der Gegenwart.

Mit anderen Worten: Es tut nicht gut in der Vergangenheit zu leben. Wir alle wissen das, oder sollten es wissen. Es nützt nichts, wegen verschütteter Milch zu weinen, es bringt nichts, sich schlecht oder zu kurz gekommen zu fühlen in dem was gestern und davor passiert ist. Das ist alles Vergangenheit – es ist vorbei und man sollte sich keine Sorgen mehr darüber machen.

Genauso ist es nicht gut, förmlich in der Zukunft zu leben. Bis morgen ist vielleicht OK. Und natürlich muss man gewisse Eventualitäten und bestimmte Ereignisse zu weit entfernten Terminen planen. Das ist in Ordnung, sogar notwendig. Man sollte jedoch nicht in Gedanken dorthin wandern, mit allen möglichen Akteuren die diese wundervollen Pläne in der entfernten Zukunft erfüllen werden. Deine Anwesenheit wird hier und heute gebraucht, um dich darauf zu konzentrieren was genau jetzt getan werden kann und sollte. Das Heute braucht deine volle und ungeteilte Aufmerksamkeit, deine Liebe und dein Verständnis. Und wenn du es heute richtigmachst, dann wird es morgen ein Kinderspiel, wenn die selben „genau jetzt hier und heute“ Bestreben wieder von vorn beginnen.

Deshalb sollte die Frage des Alters niemals das Handeln bestimmen, oder die Art und Weise wie die Welt mit einem umgeht. Zumindest bei mir hat sie das bis jetzt nicht, und auch nicht bei anderen die vor mir gegangen sind, viel weiter gegangen als ich.